Workshop „Globale Gefühle – lokale Affekte?" am 29.04.2016
Am 29. April 2016 organisierte das Teilprojekt B02 am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin einen Expert_innenworkshop zum Thema „Globale Gefühle – lokale Affekte? Die kulturelle Transformation von Unterhaltungssendungen“.
News vom 02.05.2016
Gemeinsam mit acht nationalen und internationalen Kommunikations- und Medienwissenschaftler_innen diskutierten die Projektmitarbeiter_innen das Zusammenspiel und die Herstellung global zirkulierender Emotionen und lokal hergestellter Affekte in Formaten des Reality TV. Der interaktiv gestaltete Workshop schloss dabei sowohl die Präsentation erster Forschungsergebnisse der Expert_inneninterviews des Teilprojekts ein als auch Vorträge der Gäste.
Der Workshop startete mit der Vorstellung der für das Projekt zentralen theoretischen Begriffe der Emotionen und des Affektiven sowie des methodischen Vorgehens durch Claudia Töpper. Daran anschließend referierte Dr. Andrea Esser (University of Roehampton in London) in einem Skype-Vortrag über multiple Aspekte der Lokalisierung in Formatadaptionen. Sie argumentierte kritisch gegenüber dem Verständnis ‚nationaler‘ Adaptionen und verwies auf die je spezifischen Anforderungen der jeweiligen Sender. „Würde Top Model in Deutschland bei RTL ausgestrahlt, wäre es vermutlich weniger glamourös ausgestattet.“ Anschließend referierte Dr. Daniel Klug (Universität Basel) über die Bedeutung von Authentizität und Authentifizierung in Scripted-Reality-Formaten. Die Suggestion von ‚Wahrhaftigkeit‘ werde in diesen Formaten insbesondere durch die Performanz ‚ehrlich‘ erscheinender Emotionen hergestellt. Prof. Dr. Lothar Mikos von der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam berichtete über Storytelling und Emotionen in der lokalen Adaption von Reality Shows und sprach über lokale Produktionskulturen. Dabei betonte er, dass stets kulturell und nicht räumlich verstandene Konzepte des Lokalen zugrunde zu legen seien. Glokalisierung verstanden als transkulturelle Formierung eines Ortes wurde als zentrales Konzept zum Verständnis des globalen Formathandels im Fernsehen diskutiert.
Laura Sūna stellte schließlich in zwei Vorträgen erste Ergebnisse der Analyse von Expert_inneninterviews mit Mitarbeiter_innen und Produzent_innen einzelner Reality TV-Formate vor. Zuerst befasste sie sich mit Produktionsprozessen des Reality TV und legte dabei den Schwerpunkt auf national/lokal bedingte Kontexte für die Adaption von globalen Reality TV-Formaten. Globale Reality TV-Formate sind Bestandteil einer Affektökonomie – durch diese zirkulieren globale Formatideen und vermeintlich globale Emotionskonzepte. Die lokale Adaption der Formate gewährleistet die Anpassung und Integration der globalen Formatidee an die lokalen Emotionsrepertoires der Teilnehmer_innen und der Zuschauer_innen der Sendungen.
Anschließend ging Laura Sūna auf die Herstellung von Emotionen und Affekten im Reality TV aus Sicht der Produzent_innen ein. Diese wird durch Praktiken der Emotionsarbeit greifbar. Die Produzent_innen sind auf mehreren Ebenen emotional involviert in dem Produktionsprozess. Einerseits wird ihr Ringen mit den eigenen Emotionen gegenüber dem Format, seinen Kandidat_innen und seinem Publikum erkennbar. Diese Formen der Emotionsarbeit werden kaum bewusst wahrgenommen und teilweise nur proto-sprachlich artikuliert (lachen etc.). Andererseits werden Formen der Emotionsarbeit mit den Protagonist_innen und in der Arbeit am Fernsehtext thematisiert.
Insgesamt zeichnete sich der Workshop durch eine anregende und offene Diskussion aus und konnte so einen Beitrag zur Reflektion erster Ergebnisse des Teilprojekts als auch zur internationalen Vernetzung leisten.